F r a n k e n e c k   28.08.2012  

Nikolausverein Frankeneck
Gefangen, verurteilt, gedemütigt, ermordet…
Beeindruckende meditative Betrachtung des Leidensweges von Edith Stein

 


Der Referent, welcher an seinem Ordenskleid den Judenstern trägt

Das Bildnis der Heiligen Edith Stein,, welches Frater Toni vor dem
Altar der Nikolauskirche aufgestellt hatte.

Unter dem Leitthema “Kreuzstationen mit der Heiligen Edith Stein”   hatte der Nikolausverein zu einem meditativen Vortrag in das katholische Pfarrzentrum Frankeneck eingeladen. Referent  war Frater Toni Braun O.Carm., ein exzellenter Kenner und großer Verehrer von Edith Stein.

Er hat sich in besonderer Weise mit dem Lebensweg der Heiligen beschäftigt, Erinnerungsstücke, Dokumente und weitere Exponate zusammengetragen und damit eine einmalige Gedächtnisstätte in Lambrecht geschaffen. Hinzu kommen Begegnungen mit Verwandten und Zeitzeugen, so dass der Referent geradezu prädestiniert war, diesen Vortrag zu halten. Frater Toni hatte als Vortragsraum die Nikolauskirche ausgewählt und sie mit dem entsprechenden Ambiente vorbereitet. Dazu gehörten ein großes Bildnis der Heiligen und  Attribute des Leidensweges Jesu wie eine Geißel und eine Dornenkrone. Er selbst hatte an sein Ordenskleid einen gelben Judenstern geheftet, um damit zu dokumentieren, dass er sich total in den Dienst von Edith Stein gestellt hat und ihre erduldeten Demütigungen als Angehörige des jüdischen Volkes vergegenwärtigen möchte.

In Anlehnung an die 14 Stationen des Kreuzweges, einer traditionellen kirchlichen Andachtsform, zeichnete er den Leidensweg von Teresia Benedicta  a Cruce, wie die Jüdin Edith Stein nach dem Eintritt in den Kölner Karmel mit ihrem Ordensnamen genannt wurde. Es begann mit der  Verhaftung  der Ordensfrau und ihrer Schwester Rosa im holländischen Kloster Echt durch die Gestapo am 2. August 1942. Es handelte sich hierbei um einen Racheakt gegen die holländischen Bischöfe, die die Naziverbrechen öffentlich angeprangert hatten. Wehrlos war Edith Stein ihren Peinigern ausgeliefert, mußte Demütigungen und Hasstiraden erdulden und blieb trotzdem in ihrer inneren Haltung souverän und überlegen. Sie folgte damit ihrem Herrn und Meister Jesus nach. Im Gegensatz dazu waren ihre Verfolger und Schergen Menschen ohne Rückgrat, zwar mit Gewehren auf den Schultern, aber ohne Mut und eigene Meinung. In der Folge stellte Frater Toni alle weiteren Kreuzwegstationen dar, die Jesus auf seinem Leidensweg erduldete und die Edith Stein durchlebte. So erinnerte er bei der 6. Station “Veronika reicht Jesus das Schweißtuch” an das menschlich einmalige Verhalten von Edith Stein. In der Lagerhaft hat sie sich wie Veronika entschlossen, helfend und tröstend gegenüber den mitgefangenen Frauen und Kindern verhalten, ihnen Mut zugesprochen und sie immer wieder aufgerichtet. So wie Veronika seinerzeit durch ihre Entschlossenheit  mit der Darreichung ihres Tuches an Jesus das Abbild seines Antlitzes empfing, so präge unser Herr bis zum heutigen Tag seine Züge helfenden Menschen ein. In diesen kann er seine Güte und Menschlichkeit selbst an Orten des Grauens zu erkennen geben.

Die Kreuzwegstation 12 “Jesus stirbt am Kreuz” wurde für Edith Stein durch ihren Gang am 9. August 1942 in die Gaskammern von Auschwitz-Birkenau zur furchtbaren Realität. Sie hatte alle Demütigungen und Ungerechtigkeiten wie Jesus ertragen. Im Gegensatz dazu hatten sich die Peiniger des 3. Reiches in ihrer Unmenschlichkeit abgewendet - ähnlich wie einer der mit Jesus hingerichteten Verbrecher.  Mit der letzten Station “Grablegung des Leichnams Jesu” erinnerte der Referent daran, dass das irdische Leben von Edith Stein in der Dunkelheit der “Gaskammer Weißes Haus” zwar erlosch, in österlichem Glanz jedoch neu erstrahlt bei Gott. Vom Kreuz gesegnet, hatte sie gefunden, was sie in ihrem ganzen Leben gesucht hatte: Ganz Gott zu gehören.

Besonders ergreifend war für die Zuhörer, dass Frater Toni nach jeder Kreuzwegbetrachtung mit der Aufforderung “Wir denken nach” zu einer kurzen Besinnung aufrief und diese mit einem Gebet beendete.  Nach seinem Vortrag herrschte zunächst einige Minuten Stille, dann folgte durch die Teilnehmer lang anhaltender dankbarer Applaus.  Der Ordensmann hatte sich an diesem Abend wieder einmal als würdiger Jünger “seiner” großen Heiligen Edith Stein erwiesen.

 

von Heiner Oppermann